Von Turku und Zweiwortsätzen

Ob ich nicht doch lieber ein Zimmer in der anderen Wohnung wolle, hat mein Vermieter mich gefragt. Die läge näher an der Natur. Ich habe abgelehnt, und jetzt dauert es geschlagene vier Minuten zu Fuß, bis ich den Kiesweg erreiche, der sich am Fluss entlang durch die Waldstücke und Felder am Rand von Turku nach Osten schlängelt und vergessen lässt, dass er nur einen Kilometer vom Zentrum der Stadt entfernt beginnt, die eigentlich gar nicht mal so klein ist.

Dass der nahe Wald ja gar nicht so groß sein kann, denkt man, bis man sich darin verläuft. Dann stößt man auf interessante Felsformationen uns ist sehr froh, dass in Finnland der Empfang überall gut ist.

Die freundliche Atmosphäre der Stadt selbst liegt in den unzähligen Cafés und Bars, die sich am Flussufer entlangreihen, in der gemütlichen Ausstrahlung der alten Holzhäuser, die noch zu finden sind, und in den altehrwürdigen Gebäuden wie der Stadtbibliothek oder der Tuomiokirkko.

Die Architektur zeigt, dass die Stadt alt ist, Läden, Kultur und Menschen zeigen, dass sie jung ist: wer an Kunst interessiert ist, findet ein romantisches Gässchen mit Handwerksläden und Workshop-Möglichkeiten, bevor sie vor dem Museum für Archäologie und Moderne Kunst wieder auf die Straße tritt. Wer an Literatur und günstigem Kaffee interessiert ist, findet im benachbarten Innenhof das Kirjakahvila. Wer gern feiert, findet Bars auch in den Booten, die im Fluss vor Anker liegen.

Wer seit vielleicht zwei Jahren Finnisch lernt, hat erstmal ein Problem. Der Turkuer Dialekt nämlich ist gar nicht leicht zu verstehen, und während ich in Helsinki und Jyväskylä schonmal Straßengespräche aufschnappe, fühle ich mich an einer Turkuer Supermarktkasse, als wäre ich versehentlich ins falsche Land gezogen. „Ich würde es ja feiern, wenn du am Ende des Studienjahres mit einem Turkuer Finnisch nach Hause gehst“, lacht meine Tutorin, die mich am ersten Tag durch die Stadt begleitet. Die Uni Turku ordnet allen Erasmus-Studierenden Tutor*innen zu, sodass man sich nicht allein zurechtfinden muss. Im Allgemeinen wird sich sehr gut um uns gekümmert: zu allem gibt es E-Mails, in denen genaue Erklärungen und Anweisungen stehen (Corona-Situation, Pop-Up Impfmöglichkeiten ohne Termin, Impfmöglichkeiten mit Termin, Vorsichtsmaßnahmen, Einführungsveranstaltungen, Kursregistrierungen, Bibliotheksnutzung etc), und dann gibt es die Einführungswoche mit Orientierungsveranstaltungen, in denen alles, was in den E-Mails stand, noch einmal erklärt wird. Untergehen kann man hier nicht.

Nicht einmal in den finnischsprachigen Seminaren, die auf Nicht-Muttersprachler*innen ausgelegt sind. Seit den Schrecken eines abgebrochenen Lateinstudiums begegne ich universitären Sprachkursen immer mit anfänglicher Vorsicht, aber meine Besorgnis stellt sich hier in Turku, wie auch schon in Göttingen, als unbegründet heraus. Als die einzige andere Bachelor-Austauschstudentin und ich das erste Mal unsere Dozentin treffen, ist die schon darauf vorbereitet, dass wir, aufgeregt und ein bisschen eingeschüchtert, noch nicht so viel sagen. Sie leitet das Gespräch, stellt Fragen, auf die man mit nur ein oder zwei Worten antworten kann. Scherzt, sodass wir und die etwa zwanzig anderen Kursteilnehmenden uns entspannen. Die Atmosphäre ist locker, wer nicht so viel sagen möchte oder kann, wird in Ruhe gelassen, Fragen auch nach gerade erklärten Dingen werden geduldig und freundlich beantwortet. Im Vorlesungssaal wird mit einer Hybridkamera dafür gesorgt, dass Präsenz- und Fernlehre gleichzeitig stattfinden. Bei Krankheit kann man dadurch einige Veranstaltungen bequem von Zuhause aus verfolgen.

In den Vorlesungen und Seminaren merke ich, wie wenig zwei Jahre Sprachstudium eigentlich sind. Wie schwer mir das Sprechen fällt im Vergleich zum Verstehen. Nach eineinhalb Stunden Veranstaltung bin ich froh, fast alles mitbekommen zu haben, und so erschlagen wie nach einer fünfstündigen Klausur. Wenn ich es bei einer Frage geschafft habe, die Hand zu heben und mit stockigen zwei, drei Worten zu antworten, fühlt sich das an, als hätte ich eben jene Klausur bestanden. Die heimischen Maßstäbe gelten hier nicht. Trotzdem, oder vielleicht deswegen, gehe ich gern zur Uni mit ihren freundlichen gelben Seminargebäuden und kühlen hohen Zimmern.

Es fühlt sich gut an, nach den isolierten eineinhalb Jahren digitalen Studiums wieder unter Menschen zu sein, mit den anderen Kursteilnehmenden in ungeschicktem Finnisch zu kommunizieren – wann fängt der Kurs an, wer macht die Tür auf, funktioniert der elektronische Schlüssel, es brennt? Achso, nur eine Lampe kaputt gegangen. Stinkt ziemlich. Und immerhin gab uns der Studienberater am Ende der Orientierungsveranstaltung auch nur einen Zweiwortsatz mit auf den Weg:

„Seid neugierig!“

Text und Bilder: Franziska Kraushaar

ZHG? KWZ? SUB? Häh?

Kommt man für ein Studium in eine fremde Stadt, so sind viele Dinge erstmal neu. Insbesondere im Studienalltag wirst du direkt zu Beginn der Vorlesungen mit einer Vielzahl an Abkürzungen konfrontiert, die du vorher noch nie gehört hast. Oder weißt du, was eine BBK ist oder was man im LSG so macht? Nein? Keine Sorge, wir schaffen mit diesem kleinen Beitrag heute Abhilfe, stellen dir die für unser Fach wichtigsten Abkürzungen vor und erklären, was dahinter steckt!

BBK – Bereichsbibliothek Kulturwissenschaften
Diese Bibliothek findest du im KWZ (s. u.) und sie beherbergt nicht nur den Bücherbestand der Finnougristik, sondern auch weiterer Kulturwissenschaften, wie zum Beispiel der Romanistik, Slavistik oder auch der Kulturanthropologie. Es gibt hier eine Vielzahl an Arbeitsplätzen, an denen man lernen oder Hausarbeiten schreiben kann, man kann die Kopiergeräte, Scanner und Computer nutzen oder auch Schließfächer mieten.

KWZ – Kulturwissenschaftliches Zentrum
Hier wirst du einen Großteil deines Finnougristikstudiums verbringen, denn nicht nur die eben vorgestellte Bibliothek findet sich in diesem Gebäude, sondern auch unser Seminar und viele Vorlesungsräume. Andere Institute findest du hier ebenfalls und, ganz wichtig, ein Café, in dem du in der Pause Kaffee, Brötchen und andere Leckereien kaufen kannst.

LSG – Lern- und Studiengebäude
Das LSG gehört zu den neueren Universitätsgebäuden und ist extra zum Lernen und für Gruppenarbeiten gedacht. Du kannst dort Räume über das elektronische Studierendenportal buchen und dort in Ruhe deine Hausarbeiten schreiben oder mit anderen Studierenden Referate erarbeiten. Da das LSG direkt neben dem ZHG (s. u.) steht, ist der Weg in die Zentralmensa gar nicht weit.

SUB – Staats- und Universitätsbibliothek
Die SUB ist die Hauptbibliothek der Universität und beherbergt eine Vielzahl an Titeln. Insbesondere in Sachen Finnougristik ist die Bibliothek gut ausgestattet, da hier lange Zeit das Sondersammelgebiet des Faches Zuhause war und es nun einen Fachinformationsdienst gibt, der eine große Bandbreite an Literatur in diesem Bereich anschafft. Neben wichtigen sprachwissenschaftlichen Werken findest du hier z. B. auch Bücher, die sich mit den einzelnen Ländern und der Kultur der Finnougrier befassen, aber genauso gibt es auch Romane und Dokumentationen auf DVD.

VG – Verfügungsgebäude
Im VG wirst du wahrscheinlich im Laufe des Studiums die ein oder andere Veranstaltung besuchen. Es liegt direkt hinter der SUB und dient vor allem Unterrichtszwecken. Neben einem Arbeitsraum findest du im Keller auch einen Ruheraum, um dich vom Lernstress entspannen zu können.

ZESS – Zentrale Einrichtung für Sprachen und Schlüsselkompetenzen
An der ZESS wird eine große Anzahl an Sprachkursen und anderen Kursen zur Erweiterung deiner Kenntnisse angeboten. Du kannst dort zum Beispiel Russisch oder Spanisch lernen oder einen Kurs zum Thema Rhetorik besuchen. Für alle Interessen ist im Programm dieser Einrichtung etwas dabei und die Kurse kannst du dir anrechnen lassen.

ZHG – Zentrales Hörsaalgebäude
Die großen Hörsäle auf dem Hauptcampus findest du im ZHG – genauso wie u. a. zwei Cafés, die Zentralmensa, den Unishop und den Glaskasten, bei dem du dir zu Studienbeginn deinen Ausweis abholen musst. Veranstaltungen unseres Faches finden selten hier statt, aber dennoch wird dich der Weg bestimmt häufig in dieses Gebäude führen.

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Du studierst Finnowas?!

“Du studierst Finnowas?!”

So oder so ähnlich lautet meist die erste Frage, die man beantworten muss, wenn man als Studierender der Finnougristik anderen Menschen von seinem Studienfach erzählt. Die wenigsten können mit dem Begriff etwas anfangen und sind meist sehr überrascht, wenn sie hören, dass es so etwas gibt wie eine finnisch-ugrische Sprachfamilie und dass Finnisch und Ungarisch miteinander verwandt sind. Dies und noch weitaus mehr lernt man, wenn man sich für ein Studium der Finnougristik (oder auch: Finnisch-Ugrische Philologie) entscheidet.

Bei uns in Göttingen gibt es zwei wesentliche Studienbestandteile, die Sprachwissenschaft und die Sprachlehre. Man lernt also nicht nur einige der Sprachen, sondern beschäftigt sich auch damit, was diese Sprachen ausmacht und warum sie miteinander verwandt sind. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Sprachen werden analysiert und man studiert die historische Entwicklung, nur um einige Beispiele zu nennen. Natürlich gibt es in der Sprachwissenschaft noch viele weitere Bereiche, die auch für ein Studium unseres Faches eine Rolle spielen und die man im Laufe des Studiums kennenlernen wird.

Finnisch-ugrische Sprachen gibt es insgesamt 15, auf die sich ca. 22 Millionen Muttersprachler verteilen. Die bekanntesten dieser Sprachen sind Finnisch, Estnisch und Ungarisch. Finnisch und Ungarisch kann man an unserem Seminar als Schwerpunkt studieren. Aus den beiden “großen” Sprachen wählt jeder Studierende zu Anfang seine Wunschsprache als Erstsprache aus – aber keine Sorge! Auf die andere Sprache muss man keineswegs verzichten, denn man belegt während des Bachelor-Studiums auch einen Anfängerkurs in der Zweitsprache. In diesem erlernt man die wichtigsten Grundlagen und Strukturen.

Ein paar weniger bekannte Sprachen, die ebenfalls zur finnisch-ugrischen Sprachfamilie gehören, sind beispielsweise Wotisch, Ingrisch, Udmurtisch, Mordwinisch oder auch Mansi. Die Namen mögen am Anfang vielleicht noch etwas seltsam klingen, aber spätestens nach zwei Semestern sind sie etwas, was jedem leicht über die Lippen gehen wird.

Dass die Finnen in Finnland, die Esten in Estland und die Ungarn in Ungarn leben, ist natürlich keine große Überraschung, doch wo leben die Völker der anderen 12 Sprachen?
Sie verteilen sich auf ein sehr großes Gebiet, das von Skandinavien über das Baltikum bis nach Sibirien reicht. So gibt es beispielsweise die Sami in Norwegen, Schweden, Finnland und auf der Kola-Halbinsel, die Liven lebten im heutigen Lettland und die meisten finnougrischen Völker haben ihre Heimat auf russischem Staatsgebiet.

Wer sich für ein Finnougristik-Studium entscheidet, hat es also mit einer Vielzahl an interessanten Sprachen und Kulturen zu tun und lernt, wie Sprachwissenschaft funktioniert. Seiner Familie und seinen Freunden hat man immer wieder etwas Spannendes zu erzählen, denn man lernt jede Woche neue Dinge, die man vorher noch nicht über die Finnougrier und ihre Sprachen wusste.

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Sieben Gründe Finnougristik zu studieren

Die Finnougristik ist ein Studienfach, das einem nicht jeden Tag begegnet. Wir wollen euch heute sieben Gründe vorstellen, warum es sich lohnt, ein solches Studium aufzunehmen!

    1. Spannende Sprachen, die nicht jeder spricht
      Wie viele Menschen kennst du, die Finnisch, Ungarisch oder gar Estnisch sprechen? Bei uns in Göttingen kann man alle drei Sprachen studieren und man lernt auch noch einige der sogenannten “kleinen Sprachen” kennen – zum Beispiel Udmurtisch, Karelisch, Livisch oder Mordwinisch. Von diesen spannenden Sprachen haben die meisten Leute noch nie etwas gehört und bei uns gehören sie zum Fachgebiet.

    2. Sehr großes Fachgebiet
      Die Sprachwissenschaft ist bei uns in Göttingen der Hauptschwerpunkt, aber die Finnougristik hat auch noch weitere Themenfelder zu bieten: In den Landeskundekursen beschäftigt man sich mit der Kultur und Geschichte der Länder. Es gibt auch Kurse zu Literatur und Folklore, sodass jeder bei uns auf sein Kosten kommt.

    3. Immer ein interessantes Gesprächsthema
      Wer sich für ein Finnougristik-Studium entscheidet, hat immer ein Gesprächsthema parat. Wenn die Verwandten auf dem nächsten Geburtstag oder die Freunde auf der nächsten Party fragen, was man so macht, hat man direkt viel zu erklären – und zu erzählen!

    4. Auslandsaufenthalte
      Bei uns hat man auch die Möglichkeit, für ein bis zwei Semester im Ausland zu studieren. Wir haben Partneruniversitäten in Estland, Finnland und Ungarn und diese Austauschprogramme können sogar mit Stipendien gefördert werden. Sie sind immer eine gute Möglichkeit, Land, Leute und Sprache direkt und vor Ort besser kennenzulernen und man knüpft viele neue Kontakte. Erst im letzten Monat haben wir hier einen Bericht zu einem Erasmusaufenthalt in Finnland veröffentlicht.
      Zusätzlich gibt es auch Sommerkurse in allen drei Ländern und teilweise bei den kleinen finnougrischen Völkern in Russland. Auch bei derartigen Kursen nehmen viele unserer Studierenden regelmäßig teil, um ihre Sprachkenntnisse vor Ort zu verbessern. Darüber kann man auf unserem Blog ebenfalls Berichte nachlesen.

    5. Andere Länder – andere Sitten
      Man lernt bei uns nicht nur fremde Sprachen, sondern auch neue Kulturen kennen. Wie ticken die Finnen? Was ist das Nationaltier der Esten und was steckt hinter den Klischees, die wir über Ungarn kennen? Aus den verschiedensten Themenfeldern ist für jeden etwas dabei: Geschichte, Literatur, Kunst, Geographie, Wirtschaft oder auch Brauchtum.

    6. Vielseitige Kenntnisse
      Bei uns erwirbt man nicht nur sprachwissenschaftliche Kenntnisse und die Fähigkeit, eine neue Fremdsprache zu sprechen. Man trainiert im Studium seine Auffassungsgabe und das Verständnis von neuen Inhalten. Man lernt, mit neuen Sprachen zu arbeiten, selbst wenn man sie bisher nicht oder nicht so gut beherrscht. Man lernt Texte zu verarbeiten, selbst zu schreiben und entwickelt seine Methodikkompetenzen.

    7. Mehr als nur Inhalte
      Ein Studium der Finnougristik bedeutet mehr als nur Inhalte zu lernen, denn es ist eine Bereicherung. Wer Interesse an besonderen Sprachen, die nicht mit Sprachen wie Englisch oder Französisch verwandt sind, und fremden Kulturen hat, ist in der Finnougristik genau richtig. Neben den Vorlesungen gehören auch gemeinsame Unternehmungen wie regelmäßige Treffen zum Mölkky zu unserem Programm. Die Studierenden besuchen zusammen die jährlich stattfindende Studierendenkonferenz IFUSCO (International Finno-Ugric Students’ Conference), die in Göttingen ihre Wurzeln hat, und organisieren gemeinsam Sommer- und Weihnachtsfeiern, sowie Veranstaltungen zu den wichtigsten Feiertagen der drei großen finnougrischen Nationen.

 

Wenn du jetzt Lust auf ein Studium bei uns bekommen hast, kannst du dich auf unserer Homepage über die genauen Inhalte informieren und dich noch bis zum 30. September direkt bei uns an der Universität einschreiben. Wir freuen uns auf dich!

 

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Auslandssemester in Finnland

Im Herbstsemester 2017 war ich für vier Monate in der südwestfinnischen Stadt Turku und habe dort an der finnischsprachigen Universität studiert. Dort hatte ich die Möglichkeit, Kurse für die Finnougristik und auch mein Zweitfach Skandinavistik zu belegen, auch wenn ich schlussendlich fast ausschließlich in Finnischkursen war.

In Turku habe ich im Retrodorm gewohnt, ein Wohnheim, in dem ausschließlich Austauschstudierende untergebracht sind. Deswegen hat es ein besonderes internationales Flair. Es gab eigentlich immer jemanden, mit dem man sich unterhalten konnte, aber wenn man sich zurückziehen wollte, war das auch kein Problem. Da ich mit so vielen internationalen Studierenden zusammengewohnt habe, konnte ich dort kaum Finnisch sprechen, aber dafür hatte ich ja die Kurse in der Uni.

Dort waren auch zum größten Teil Studierende aus anderen Ländern als Finnland, aber ich habe trotzdem einiges von meinen Dozentinnen und auch von meinen Kommiliton_innen gelernt. Wenn ich nicht gerade in einem Kurs oder im Retrodorm war, habe ich viel Zeit in der Bibliothek verbracht. Die Turun yliopisto hat mehrere Bibliotheken, aber ich war meistens im Feeniks, da dort die Sprachen untergebracht sind. Die Bibliothek ist zwar etwas ungewohnt sortiert, aber dafür sehr gemütlich.

In der Freizeit waren wir häufig in einer Sauna direkt an der Ostsee oder in Cafes oder Bars, aber wir haben auch gerne Ausflüge in Städte in der Nähe oder den Nationalpark gemacht.

Während des Semesters hatten wir auch die Möglichkeit, größere Touren zu unternehmen, sodass ich mit ein paar Freund_innen nach Estland, Lappland und sogar Sankt Petersburg reisen konnte. Durch diese recht spontanen Reisen habe ich noch einmal ganz andere Erfahrungen sammeln können und Ecken gesehen, an die ich vermutlich ohne das ERASMUS-Semester nie gekommen wäre. Ich hätte auch die Möglichkeit gehabt, noch mehr zu reisen, wenn nur mehr Zeit dagewesen wäre.

Im Großen und Ganzen habe ich während meines Auslandssemesters tolle Erfahrungen gemacht und nette Leute kennengelernt, zu denen ich auch jetzt nach meiner Rückkehr noch Kontakt habe. Natürlich läuft nicht immer alles so, wie es eigentlich geplant ist, aber dafür öffnen sich viele andere Türen. Daher würde ich jederzeit wieder ein oder zwei Semester ins Ausland gehen um dort zu studieren. Gerne auch wieder nach Turku!

Foto: Patrick Wachs

Sommeruniversität in Estland

Jedes Jahr gibt es an den estnischen Universitäten in Tallinn und Tartu die Möglichkeit, einen Estnischkurs zu absolvieren. Um einen Teil der Kosten abzudecken, kann man sich auf verschiedene Stipendien bewerben.

Als ich im Sprachkurs an der Universität Göttingen von dieser Möglichkeit hörte, habe ich mich beworben und einen Platz für den zweiwöchigen Sprachkurs in Tartu erhalten.

Das Rathaus in Tartu

Insgesamt waren wir 52 Kursteilnehmer aus 17 verschiedenen Ländern. Darunter waren nicht nur europäische Länder (z. B. Italien, Irland, Großbritannien, Schweden, Frankreich, Lettland), sondern auch weiter entfernte Länder (z. B. Kanada und Neuseeland) vertreten. Die Altersspanne reichte von 17 Jahren bis über 60 Jahre. Aufgeteilt wurden wir auf fünf unterschiedliche Kurse, an denen ca. 10 Personen teilnahmen – eine gute Gruppengröße zum Lernen. Während die höheren Kurse nur auf Estnisch stattfanden, war die Vermittlungssprache in den anderen Kursen Englisch.

In den kleineren Gruppen hatten wir montags bis freitags immer von halb zehn bis halb vier Unterricht. Anschließend wurde ein Kulturprogramm angeboten, bei dem wir noch mehr über die estnische Geschichte, das Leben in Estland und über die Filmgeschichte Estlands lernen konnten. Die Nachmittagsprogramme waren dann für alle fünf Gruppen zusammen, sodass man sich über die unterschiedlichen Kurse und Themen austauschen konnte (meistens auf Estnisch).

Nach dem Programm der Sommeruniversität ließ sich das Gelernte dann auch direkt in Läden, Cafés und ähnlichem ausprobieren und man konnte sofort feststellen, wieviel man doch in so kurzer Zeit lernen kann.

Die Sicht auf Tallinn von einer Aussichtsplattform

Am Wochenende wurde ein Ausflug in die Hauptstadt Tallinn angeboten, bei dem wir neben der Altstadt von Tallinn auch ein Freilichtmuseum besucht haben, bei dem uns erklärt und gezeigt wurde, wie sich das bäuerliche Leben innerhalb von 200 Jahren verändert hat.

 

Insgesamt waren es zwei sehr lehrreiche Wochen, die sehr gut organisiert wurden.

Für alle, die die estnische Sprache erlernen möchte und nicht unbedingt die Möglichkeit haben, einen längeren Kurs zu machen, bietet es sich an, einen Kurs an der Sommeruniversität in Tartu oder Tallinn zu machen.

Der Ungarisch-Crashkurs 2016

Wie bereits im letzen Sommer, wird auch dieses Jahr ein Ungarisch-Crashkurs an der Georg-August-Universität Göttingen angeboten. Als Teilnehmerin des letzten Kurses kann und will ich diesen nur weiterempfehlen!

Um an dem Kurs teilnehmen zu können, schickte ich meine Bewerbung an Dr. Judit Molnár, die Lektorin für Ungarisch am Finnisch-Ugrischen Seminar, die auch den Sommerkurs leitete. Der Kurs bestand aus zwei Teilen: dem dreiwöchigen Sprachkurs in Göttingen und einer einwöchigen Fahrt in die ungarische Stadt Debrecen, wo wir unsere neu erlernten Sprachkenntnisse gleich anwenden konnten.

Ungarisch ist eine ganz andere Sprache als die, die man bisher so aus der Schule kennt, da es keine indoeuropäische, sondern eine finnougrische Sprache ist. Sie ist also unter anderem entfernt mit dem Finnischen verwandt. Wer kann schon von sich behaupten, eine Sprache zu können, die mehr Fälle besitzt, als man mit seinen Fingern zeigen kann, und wann bekommt man schon einmal die Gelegenheit, so eine Sprache zu lernen? Auch wenn das mit den vielen Fällen vielleicht etwas kompliziert klingt, hat es sehr viel Spaß gemacht, sich gemeinsam mit den anderen langsam in der Sprache vorzutasten, und war gar nicht so schwierig wie gedacht. Dass der Kurs in Göttingen aus jeweils sechs Stunden pro Tag bestand, mag vielleicht auch anstrengend klingen. Da man aber in so kurzer Zeit wenig vergessen konnte und der Unterricht anders aufgebaut war als Sprachkurse, die während des Semesters laufen, war auch das kein Problem. Der Sommerkurs war also eine großartige Möglichkeit, etwas über ein Land, über das man vermutlich sonst selten nachdenkt, und dessen Sprache zu lernen und dieses Land auch einmal selbst kennenzulernen, da der Kurs und die Fahrt nach Ungarn kostenlos waren.

 

Auf den Spuren von Kurt Fischer durch Debrecen

Wir waren ein sehr gemischter Kurs, der zwar zu einem Teil aus Studierenden der Finnougristik bestand, aber auch zur anderen Hälfte aus Studierenden der Slavistik, Allgemeinen Sprachwissenschaft oder sogar Medizin. Unter anderem haben wir uns auch außerhalb des Kurses getroffen, um gemeinsam ein paar ungarische Gerichte zu kochen und zu genießen.

Im Kurs haben wir mit dem Buch Hungarolingua gearbeitet, das den Österreicher Kurt Fischer auf seiner Reise durch Debrecen begleitet. Als wir dann selbst in Debrecen waren, haben wir einige Orte, die auch im Buch bereits vorgestellt worden waren, wiedererkannt. Unter anderem haben wir die Universität besucht und wurden von einem Dozenten der Sommeruniversität, die jedes Jahr Ungarischkurse in Debrecen anbietet, willkommen geheißen. Außerdem haben wir die Reformierte Großkirche, Debreceni Református Nagytemplom, und die Innenstadt bei größtenteils gutem Wetter erkundet. Debrecen ist eine schöne Stadt, die aber vermutlich leider selten als Reiseziel gewählt wird, obwohl sie wirklich eine Reise wert ist.

 

Wer jetzt auch Lust bekommen hat, die ungarische Sprache kennenzulernen und im Sommer eine Woche in Ungarn zu verbringen, hat auch in diesem Jahr wieder Gelegenheit dazu. Nähere Informationen und das Anmeldeformular gibt es auf der Homepage des Finnisch-Ugrischen Seminars.

Bildquelle: pixabay.com

Ungarisch-Intensivkurs 2017 in Göttingen

Im Sommer noch nichts vor?

 

Auch in diesem Jahr bietet das Finnisch-Ugrische Seminar in Göttingen wieder einen Ungarisch-Intensivkurs für Anfänger an. Der Kurs findet im Rahmen des NMWK-Projektes Sprachen für Europa. Förderung des Erlernens kleiner europäischer Sprachen statt und ist für Studierende aller niedersächsischen Hochschulen offen. 

Das Programm besteht aus einem dreiwöchigen Intensivkurs vom 07.08.2017 bis zum 25.08.2017 in Göttingen und einem einwöchigen Aufenthalt vom 26.08.2017 bis zum 31.08.2017 in Debrecen.

Das Programm in Debrecen

Die Universitätsstadt Debrecen liegt im Osten Ungarns und ist die zweitgrößte Stadt des Landes. An der dortigen Sommeruniversität werden seit 1927 Ungarisch-Intensivkurse abgehalten. Wir möchten die Universität kennenlernen und am Probeunterricht der Sommeruniversität teilnehmen. Auf dem Programm stehen außerdem die Besichtigung der reformierten Großkirche, des reformierten Kollegiums und ein Besuch im 25 km entfernten Hortobágy-Nationalpark. In Debrecen sollen die neu erworbenen Sprachkenntnisse in echten Kommunikationssituationen angewendet werden (Hotelbuchung, Wochenmarkt, Bestellen im Restaurant, Informationsschilder verstehen).

Für den Kurs gibt es ein Auswahlverfahren. Anmeldeschluss ist der 08.07.2017. Detaillierte Informationen und das Anmeldeformular gibt es auf unserer Seminarhomepage.

Fragen, die Finnougristik-Studierende immer wieder beantworten müssen…

… und die passenden Antworten dazu!

suomimainittu

Du studierst Finnowas?!

Finnougristik oder Finnisch-Ugrische Philologie. Das ist eine Sprachwissenschaft, die sich mit der finnisch-ugrischen Sprachfamilie befasst, also Finnisch, Estnisch und Ungarisch, um mal die etwas bekannteren Sprachen zu nennen.

 

Finnisch, das ist doch wie Schwedisch, oder?

Nicht wirklich. Sicherlich findet man Wörter, die sich ähneln und die das Finnische aus dem Schwedischen übernommen hat, aber mehr als dies haben die beiden Sprachen nicht gemeinsam.

 

Estland? Ist das überhaupt ein eigenes Land?

Ja! Estland ist ein Land, das im Baltikum liegt und die Hauptstadt ist Tallinn. Die Esten sind sogar Mitglied der Europäischen Union, also ist Estnisch eine der EU-Sprachen.

 

Und was kann man mit sowas mal machen?

Finnougristik ist eine ganz normale Geisteswissenschaft, die ein vielseitiges mögliches Berufsfeld bietet: Wissenschaft, Forschung, Tourismus, Wirtschaft, EU, Museen, Sprachinstitute etc. sind nur einige der Möglichkeiten, die sich aus diesem Studium ergeben können.

 

Warum lernst du Sprachen, die sonst kaum jemand spricht?

Man muss nicht unbedingt das studieren, was alle anderen auch machen. Davon abgesehen gibt es rund 22 Millionen finnougrische Muttersprachler und das sind nicht ganz so wenig, wie manch einer denkt.

 

Gibt es dieses Wort da aus den sozialen Medien wirklich?

Kalsarikännit – sich Zuhause in Unterhosen betrinken. Diese passenden Emojis hat das finnische Außenministerium (finland.fi) in seinem Adventskalender 2015 vorgestellt.

Ja, kalsarikännit (sich Zuhause in Unterhosen betrinken) gibt es wirklich. Es zeigt doch, wie innovativ und vielseitig die finnougrischen Sprachen sein können!

 

Ist das auf Lehramt?

Nein. Finnougristik kann man nicht auf Lehramt studieren.

 

Hat Finnisch wirklich 15 Fälle?

Ja. Das reiche Kasussystem, wie man in der Sprachwissenschaft sagt, ist ein besonderes Merkmal der finnougrischen Sprachen, die man bei uns studieren kann. Das macht das Lernen der Sprachen besonders spannend – man muss sich auf andere Dinge einstellen, als man es beispielsweise aus dem Englisch- oder Französischunterricht gewohnt ist.

 

Ist das nicht voll schwer?

Kein Studium ist einfach. Dank unserer motivierten LektorInnen lernt man die Grundlagen der Sprachen gründlich und zügig und schon nach dem ersten Semester kann man weit mehr, als im Land seiner Erstsprache nach dem Weg zu fragen.

Ihr habt noch andere Fragen zum Studium, die ihr gerne beantwortet bekommen würdet? Dann schreibt doch gleich einen Kommentar direkt hier unter den Beitrag!

Die Emojis in diesem Beitrag stammen vom finnischen Außenministerium (finland.fi).

Über den Blog

Dieser frisch ins Leben gerufene Blog der Finnougristik Göttingen soll als Plattform für Studierende und Studieninteressierte der finnisch-ugrischen Philologie dienen. Hier wird es nicht nur Informationen zum Fach und zu den einzelnen Sprachen und Völkern geben, sondern auch Eindrücke der Studierenden, Berichte von Veranstaltungen und den Dingen, die die Studierendenschaft in Göttingen bewegen.