Von Turku und Zweiwortsätzen

Ob ich nicht doch lieber ein Zimmer in der anderen Wohnung wolle, hat mein Vermieter mich gefragt. Die läge näher an der Natur. Ich habe abgelehnt, und jetzt dauert es geschlagene vier Minuten zu Fuß, bis ich den Kiesweg erreiche, der sich am Fluss entlang durch die Waldstücke und Felder am Rand von Turku nach Osten schlängelt und vergessen lässt, dass er nur einen Kilometer vom Zentrum der Stadt entfernt beginnt, die eigentlich gar nicht mal so klein ist.

Dass der nahe Wald ja gar nicht so groß sein kann, denkt man, bis man sich darin verläuft. Dann stößt man auf interessante Felsformationen uns ist sehr froh, dass in Finnland der Empfang überall gut ist.

Die freundliche Atmosphäre der Stadt selbst liegt in den unzähligen Cafés und Bars, die sich am Flussufer entlangreihen, in der gemütlichen Ausstrahlung der alten Holzhäuser, die noch zu finden sind, und in den altehrwürdigen Gebäuden wie der Stadtbibliothek oder der Tuomiokirkko.

Die Architektur zeigt, dass die Stadt alt ist, Läden, Kultur und Menschen zeigen, dass sie jung ist: wer an Kunst interessiert ist, findet ein romantisches Gässchen mit Handwerksläden und Workshop-Möglichkeiten, bevor sie vor dem Museum für Archäologie und Moderne Kunst wieder auf die Straße tritt. Wer an Literatur und günstigem Kaffee interessiert ist, findet im benachbarten Innenhof das Kirjakahvila. Wer gern feiert, findet Bars auch in den Booten, die im Fluss vor Anker liegen.

Wer seit vielleicht zwei Jahren Finnisch lernt, hat erstmal ein Problem. Der Turkuer Dialekt nämlich ist gar nicht leicht zu verstehen, und während ich in Helsinki und Jyväskylä schonmal Straßengespräche aufschnappe, fühle ich mich an einer Turkuer Supermarktkasse, als wäre ich versehentlich ins falsche Land gezogen. „Ich würde es ja feiern, wenn du am Ende des Studienjahres mit einem Turkuer Finnisch nach Hause gehst“, lacht meine Tutorin, die mich am ersten Tag durch die Stadt begleitet. Die Uni Turku ordnet allen Erasmus-Studierenden Tutor*innen zu, sodass man sich nicht allein zurechtfinden muss. Im Allgemeinen wird sich sehr gut um uns gekümmert: zu allem gibt es E-Mails, in denen genaue Erklärungen und Anweisungen stehen (Corona-Situation, Pop-Up Impfmöglichkeiten ohne Termin, Impfmöglichkeiten mit Termin, Vorsichtsmaßnahmen, Einführungsveranstaltungen, Kursregistrierungen, Bibliotheksnutzung etc), und dann gibt es die Einführungswoche mit Orientierungsveranstaltungen, in denen alles, was in den E-Mails stand, noch einmal erklärt wird. Untergehen kann man hier nicht.

Nicht einmal in den finnischsprachigen Seminaren, die auf Nicht-Muttersprachler*innen ausgelegt sind. Seit den Schrecken eines abgebrochenen Lateinstudiums begegne ich universitären Sprachkursen immer mit anfänglicher Vorsicht, aber meine Besorgnis stellt sich hier in Turku, wie auch schon in Göttingen, als unbegründet heraus. Als die einzige andere Bachelor-Austauschstudentin und ich das erste Mal unsere Dozentin treffen, ist die schon darauf vorbereitet, dass wir, aufgeregt und ein bisschen eingeschüchtert, noch nicht so viel sagen. Sie leitet das Gespräch, stellt Fragen, auf die man mit nur ein oder zwei Worten antworten kann. Scherzt, sodass wir und die etwa zwanzig anderen Kursteilnehmenden uns entspannen. Die Atmosphäre ist locker, wer nicht so viel sagen möchte oder kann, wird in Ruhe gelassen, Fragen auch nach gerade erklärten Dingen werden geduldig und freundlich beantwortet. Im Vorlesungssaal wird mit einer Hybridkamera dafür gesorgt, dass Präsenz- und Fernlehre gleichzeitig stattfinden. Bei Krankheit kann man dadurch einige Veranstaltungen bequem von Zuhause aus verfolgen.

In den Vorlesungen und Seminaren merke ich, wie wenig zwei Jahre Sprachstudium eigentlich sind. Wie schwer mir das Sprechen fällt im Vergleich zum Verstehen. Nach eineinhalb Stunden Veranstaltung bin ich froh, fast alles mitbekommen zu haben, und so erschlagen wie nach einer fünfstündigen Klausur. Wenn ich es bei einer Frage geschafft habe, die Hand zu heben und mit stockigen zwei, drei Worten zu antworten, fühlt sich das an, als hätte ich eben jene Klausur bestanden. Die heimischen Maßstäbe gelten hier nicht. Trotzdem, oder vielleicht deswegen, gehe ich gern zur Uni mit ihren freundlichen gelben Seminargebäuden und kühlen hohen Zimmern.

Es fühlt sich gut an, nach den isolierten eineinhalb Jahren digitalen Studiums wieder unter Menschen zu sein, mit den anderen Kursteilnehmenden in ungeschicktem Finnisch zu kommunizieren – wann fängt der Kurs an, wer macht die Tür auf, funktioniert der elektronische Schlüssel, es brennt? Achso, nur eine Lampe kaputt gegangen. Stinkt ziemlich. Und immerhin gab uns der Studienberater am Ende der Orientierungsveranstaltung auch nur einen Zweiwortsatz mit auf den Weg:

„Seid neugierig!“

Text und Bilder: Franziska Kraushaar

Als Praktikantin die Arbeit in der Finnougristik kennenlernen – ein Erfahrungsbericht

Chiara Stephan, Schülerin am HG Göttingen, war im Februar 2020 während der Semesterferien für ein zweiwöchiges Schnupperpraktikum an unserem Seminar. In ihrem Bericht schreibt sie über ihre Erfahrungen als Praktikantin.

Mein Arbeitstag

Mein Arbeitstag am finnisch-ugrischen Seminar bestand immer aus sieben Arbeitsstunden und einer Stunde Pause. Der Beginn war nur ein wenig später als der in der Schule, denn ich konnte im Zeitraum von 8 Uhr bis 8:30 Uhr anfangen. Feierabend war bei mir allerdings erst um 16 Uhr, also später als in meinem normalen Schulalltag. Trotzdem war der Wechsel nicht schwierig, da ich zwar länger arbeiten musste, allerdings danach nicht mehr so viel für die Schule tun musste als sonst. In meiner Abteilung hatte ich größtenteils mit zwei Mitarbeiterinnen Kontakt, eine wissenschaftliche Mitarbeiterin und eine Lektorin, die gleichzeitig beide meine Praktikumsbetreuerinnen waren. Da ich zusammen mit einer anderen Praktikantin im der gleichen Abteilung war, war die Umstellung nochmal ein wenig leichter, da wir oft zusammenarbeiten konnten und auch sollten.

Die Aufgaben

Neben den eher kleineren Aufgaben wie das Signieren von Büchern für die Bibliothek oder die Auswertung von Tagesnachrichten aus Ungarn, Finnland und Estland, war eine meiner Tätigkeiten im Betrieb die Recherche für relevante Themen für den Unterricht, beispielsweise Recherche für ungarische Literatur, welche geeignet für den Kurs und auch schon übersetzt ist. Eine andere war die Recherche und das Erstellen von Präsentationen. Ich habe zum Beispiel eine Präsentation mit dem Titel „Ungarische Minderheiten in den Nachbarländern Ungarns“ erstellt. Entgegen meiner Erwartungen habe ich aufgrund der Semesterferien eher weniger an der Unterrichtsvorbereitung mitgeholfen, dafür aber mehr Einblicke in das Aufgabenfeld einer Lektorin außerhalb des Unterrichts mitbekommen. Dieses umfasst, ähnlich wie bei meinen eigenen Aufgaben, viel Recherche aber auch das Korrigieren von Arbeiten und die Organisation von Veranstaltungen. Am meisten recherchieren musste ich dann aber für die Blogeinträge des Studierendenblogs, die ich verfassen durfte. Ich habe vier Artikel zu Themen im kulturellen Bereich betreffend Finnland, Ungarn und Estland geschrieben, die Quellen geprüft und auch im Blog online gestellt. Aber auch außerhalb des fachlichen Themenbereiches des Seminars habe ich Aufgaben erhalten. So habe ich mitgeholfen, den Stand der Finnougristik bei den Informationstagen der Universität zu organisieren und auch Präsentation und Vorstellung dieses Faches anschaulicher und einprägsamer zu gestalten, um möglichst viel Interesse zu wecken.

Mir haben die Arbeiten, wie die Recherche und das Artikelschreiben sehr viel Freude bereitet, allerdings brauchte es bei manchen Themen ein großes Maß an Ausdauer, passende und auch auf Englisch oder Deutsch übersetzte Quellen zu finden, da viele Bereiche der Kultur und auch der Sprache aus den Minderheitsvölkern der finnisch-ugrischen Sprachfamilie nicht digitalisiert beziehungsweise übersetzt sind. Aber auch das Übersetzten von Nachrichtentexten aus dem Englischen ins Deutsche hat mir sehr viel Spaß gemacht, da ich an meine Vorliebe für die englische Sprache hier anknüpfen konnte, obwohl es keine zentrale Sprache im Themenbereich des finnisch-ugrischen Seminars ist. Ich habe viel über das professionelle Übersetzen gelernt, was das Finden von passenden Fachbegriffen und zum Beispiel auch die Lokalisierung eines Textes angeht. Obwohl es sehr viel Konzentration über einen längeren Zeitraum erfordert hat, habe ich sehr viel Gefallen am Übersetzen und auch am generellen Arbeiten mit Sprachen gefunden. Meine Fragen, die ich mir vor dem Praktikum hinsichtlich des Arbeitsklimas gestellt hatte, konnte ich mir auch beantworten. Die Mitarbeiter des Seminars arbeiten sehr eng zusammen in ganz verschiedenen Bereichen und alle waren sehr rücksichtsvoll und freundlich.

Was ich aus dem Praktikum mitnehme

Da ich jetzt in der Finnougristik tätig war und nicht am Seminar für romanische Sprachen, konnte ich eher weniger mit den Sprachen an sich arbeiten, was mir einen noch besseren Einblick verschafft hätte. Aber auch so konnte ich von diesem Praktikum viel mitnehmen und habe etwas über meine berufliche Zukunft gelernt. Ich hatte in meinen Betrieb die Möglichkeit einen Einblick in zwei Berufe zu bekommen, denn wie gesagt wurde ich von einer Lektorin und einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin betreut und habe so von beiden viel Hilfe und Anregungen bekommen. Die Tätigkeiten, die ich in meinem Betrieb hatte, haben mir gefallen. Allerdings ist der Beruf einer Lektorin keiner, den ich mir in meinem späteren Leben vorstellen könnte, da ich mich selbst nicht vor größeren Mengen an Menschen sprechen oder unterrichten sehe. Der Beruf der wissenschaftlichen Mitarbeiterin entspricht eher meiner Vorstellung von einem zu mir passenden Job, aber auch ob das Zukunft hat, müsste ich mir nochmal in einem Betrieb/Seminar anschauen, das auch sprachlich zu mir passt. Auch wenn die einzelnen Berufe, die ich mir angeguckt habe, nicht ganz meiner eigenen Vorstellung entsprechen, konnte ich auf jeden Fall etwas für meine berufliche Zukunft lernen, denn egal wo ich im sprachlichen Bereich arbeiten möchte ist das Übersetzen, Schreiben und Wissen über gute Recherche und Quellen hilfreich. Außerdem konnte ich aus dem Praktikum mitnehmen, wo ich meine Stärken und Schwächen oder auch Vorlieben für meine Zukunft habe.

Text: Chiara Stephan, HG Göttingen

Bist auch du an einem Praktikum bei uns interessiert? Du kannst dich jederzeit dafür bewerben. Eine Ausschreibung mit den wichtigsten Informationen findest du auf unserer Homepage.

Chiaras Beiträge aus dem Praktikum findest du auf unserem Blog:
Hyvää ystävänpäivää! – Guten Freundetag
Finnland – das glücklichste Land der Welt?
Zum ersten Mal übersetzen – am Beispiel von Orbáns Berlinbesuch
Tag der Muttersprache
Karkauspäivä – eine Tradition für etwas andere Heiratsanträge

Quelle des Titelbildes: You X Ventures auf Unsplash

Schnupperpraktikum in der Finnougristik – ein Erfahrungsbericht

Caroline Sophie Heimrich, Schülerin am OHG Göttingen, war im Februar 2020 während der Semesterferien für ein zweiwöchiges Schnupperpraktikum an unserem Seminar. In ihrem Bericht schreibt sie über ihre Erfahrungen als Praktikantin.

Finnougristik! Aber was ist das denn überhaupt?

Unter dem Begriff Finnougristik können sich wohl die wenigsten etwas vorstellen, genauso wie ich es anfangs nicht wirklich konnte. Aber gerade das hat mein Interesse geweckt, was man denn da genau studieren kann. Am Finnisch-Ugrischen Seminar der Universität Göttingen setzen sich die Studierenden nicht nur mit einfachen Informationen über die finnisch-ugrischen Völker und deren Sprachen auseinander, sondern beschäftigen sich intensiv mit der Geschichte einzelner Völker, mit dem Hintergrund der Sprachen und mit verschiedensten Traditionen und Bräuchen.

Da ich sehr gerne Neues über verschiedene Länder, Sprachen und deren Kulturen lerne, hat mich diese Praktikumsstelle sehr angesprochen, weil ich mich zuvor noch nicht mit dem Bereich der Finnougristik auseinandergesetzt habe. Meine Erwartungen lagen darin, dass ich die Arbeit in einem wissenschaftlichen Betrieb näher kennenlernen konnte, also wie man Lehrveranstaltungen vorbereitet, selbstständig zu geisteswissenschaftlichen Themen recherchiert, den Studierendenblog pflegt oder gar selbstständig einen professionellen Blogeintrag verfasst.

Meine Tätigkeiten im Praktikum

Während meines Praktikums habe ich mich hauptsächlich dem Recherchieren zu geisteswissenschaftlichen Themen sowie dem professionellen Schreiben von Blogeinträgen gewidmet. Außerdem war das Vorbereiten von Folien für Seminare ein Teil meiner täglichen Aufgaben. Bei allen Aufgaben war es wichtig, konzentriert und aufmerksam zu arbeiten, denn sowohl die Blogeinträge, als auch die vorbereiteten Folien waren für die Öffentlichkeit bestimmt. Aus diesem Grund war es wichtig, gründlich zu recherchieren und viele verschiedenen Methoden zu nutzen. Denn damit es sich schließlich um professionelle Einträge und Folien handelt, müssen die Informationen mehrfach auf ihre Richtigkeit geprüft werden. Dabei ist ein Gang in die Bibliothek kaum vermeidbar. Das alleinige Recherchieren im Internet reicht an dieser Stelle nicht. Viel Recherchieren und das Verfassen von verschiedenen Texten strengt an, vor allem wenn dies zu den täglichen Aufgaben gehört. Genau deshalb musste man häufig sehr geduldig sein.

Was ich gelernt habe

Dadurch, dass ich mich intensiv mit der finnisch-ugrischen Philologie auseinandergesetzt habe, habe ich viele verschiedene Kenntnisse über Finnland, Estland und Ungarn erlangen können. Ich habe aktuelle Informationen über die verschiedenen Länder erhalten und habe mich wie erwartet mit der Geschichte der einzelnen Völker sowie mit der Sprache und vielen weiteren Dingen auseinandergesetzt. Da ich mich zuvor noch nicht mit diesen Ländern beschäftigt habe, empfand ich es als besonders interessant, diese Kulturen besser kennenzulernen.

Außerdem habe ich allgemeine Lebenserfahrungen gemacht, indem ich gelernt habe, dass es wichtig ist, nicht direkt aufzugeben, wenn nicht alles einwandfrei verläuft. Bei der Recherche, sowohl als auch bei dem Schreiben der Blogeinträge musste man mit Kritik umgehen, denn die hundertprozentige Richtigkeit von Informationen steht an erster Stelle, um keine falschen Daten an die Öffentlichkeit zu übertragen. [Anm. des Seminars: Konstruktive Kritik gehört zum Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens und die Prüfung der Quellen ist unabdingbar.] Ich habe gelernt, dass es ausschlaggebend ist, von welchen Quellen man die Informationen erhält und wie professionell diese sind. Dies ist auch der Grund, weshalb Bücher eine wichtige Quelle sind. Gerade dies ist auch in der Schule und im späteren Berufsleben notwendig, denn auch da ist es wichtig, gründlich zu arbeiten.

Haben sich meine Erwartungen erfüllt?

Grundlegend lagen meine Erwartungen darin, die Kulturen der finnisch-ugrischen Länder besser kennenzulernen. Diese wurden erfüllt, da ich mich durch das intensive Beschäftigen mit diesen Ländern nun deutlich besser auskenne als zuvor. Zudem habe ich mir erhofft, selbstständig professionelle Blogeinträge verfassen zu können und diese zu veröffentlichen. Gerade hier wurden meine Erwartungen sowie die Erwartungen der Mitarbeiter deutlich übertroffen, da weder ich, noch sie damit gerechnet haben, dass ich insgesamt sogar vier Beiträge über verschiedenste Themen veröffentliche. Ich bin sehr froh darüber, dass ich diese Möglichkeit hatte, denn hierbei habe ich wirklich viel gelernt. Auch für die Zukunft kann so etwas sehr wichtig werden, gerade wenn man in einem Unternehmen arbeitet, bei dem es wichtig ist, möglichst viele Menschen dafür zu begeistern. Allerdings hätte ich es noch als sinnvoll empfunden, wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, bei einem Seminar zuzuschauen. [Anm. des Seminars: Eine Seminarteilnahme ist nur möglich, wenn das Praktikum zur Vorlesungszeit stattfindet.]
Das Arbeitsklima habe ich als sehr angenehm wahrgenommen, da einem bei auftretenen Problemen beim Recherchieren immer weitergeholfen wurde und man nie alles alleine bewältigen musste, was die Arbeit deutlich erleichtert hat. Zudem haben mir die Mitarbeiterinnen gute und nützliche Tipps gegeben, indem sie mir professionelle Seiten genannt haben. Außerdem haben sie mir Texte von finnisch-ugrischen Internetseiten ins Deutsche übersetzt, damit ich diese für meine Arbeit verwenden konnte. Insgesamt haben sich meine Erwartungen erfüllt. Wenn man also am Kennenlernen von verschiedenen Ländern sowie an dem Verfassen von Einträgen für die Öffentlichkeit und am Recherchieren interessiert ist, empfinde ich das Praktikum als nützlich und sinnvoll.

Text: Caroline Sophie Heimrich, OHG Göttingen

Bist auch du an einem Praktikum bei uns interessiert? Du kannst dich jederzeit dafür bewerben. Eine Ausschreibung mit den wichtigsten Informationen findest du auf unserer Homepage.

Carolines Beiträge aus dem Praktikum findest du auf unserem Blog:
Finnland weiß, wie man die Obdachlosigkeit beendet
Warum erhöhen E-Visa das Interesse Estlands an Reisen nach Russland
Sind die Ungarn eigentlich religiös?
Minna Canth

Quelle des Titelbildes: Photo by Brooke Cagle on Unsplash

Einsames Erasmus

Ich bin hier nach Szeged gekommen, um Ungarisch sprechen zu lernen. Um mit Freunden durchs Land zu reisen, um Kurse auf Ungarisch zu besuchen, um in Budapest in den berühmten Romkocsmas[1] zu feiern und in den Restaurants das leckere und günstige Essen zu genießen.

Doch dann kam die Corona-Krise.

Am Anfang meines Semesters hier lief alles noch normal. Der ESN[2] hat jede Woche zwei oder drei Veranstaltungen organisiert (meistens Abende in Bars), die Uni fing langsam an und ich war einmal für ein Wochenende in Budapest und einmal bei meinen Verwandten in Südungarn. Da die Uni gerade erst losgegangen war, hatte ich auch noch nicht so viel Kontakt zu den ungarischen Studenten, doch „es ist ja erst paar Wochen her, das kommt später noch“, meinten meine deutschen Freunde.

Doch daraus wurde leider nichts. Heute vor genau drei Wochen fing es an. Am Mittwochabend war ich noch mit einer anderen Erasmus-Studentin in einem gut besuchten Restaurant und als ich nach Hause kam, hatte ich Nachrichten auf meinem Handy, die das Leben ab da komplett veränderten. Die Quarantäne in Ungarn sollte beginnen. Ab dem nächsten Morgen durfte man nicht mehr in die Uni, die Bibliotheken wurden geschlossen, alle Veranstaltungen mit mehr als 50 Leuten wurden abgesagt (natürlich auch die des ESN) und in Deutschland fingen die Leute an, wie verrückt Klopapier zu kaufen[3]. Die Osterferien der Uni wurden auf die kommende Woche vorverlegt. Es wurde mit der Zeit auch nicht besser: Die ungarischen Grenzen wurden geschlossen, die Restaurants, Cafés und Geschäfte hatten eingeschränkte Öffnungszeiten, man durfte nur noch alleine oder mit den Leuten seines Haushaltes zusammen rausgehen. Aber da ich die einzige in meinem Haushalt bin, fing eine einsame Zeit für mich an.

Am Anfang denkt man vielleicht noch: „Toll, jetzt habe ich endlich Zeit für die Dinge, die ich sonst nicht schaffe!“. Aber ganz ehrlich, wenn man nur mit dem Nötigsten in ein fremdes Land geht, hat man nicht viele Dinge dort, mit denen man sich beschäftigen kann. Irgendwann hat man dann auch alle guten Serien bei Netflix durch und zum Lernen kann man sich auch nicht motivieren. Denn in der Einsamkeit kann man ganz schnell von „ich habe Zeit“ in einen verwahrlosten Zustand ohne Zeitgefühl reinrutschen. Und in diesem fast schon depressiven Zustand fällt es einem sehr schwer, sich selbst für die Dinge zu motivieren, die man machen müsste.

Aber was ist eigentlich mit der Uni nach dieser Woche „Ferien“ passiert? Es läuft natürlich alles online. Danke Internet. Trotz langsamem Laptop inklusive langsamer Internetverbindung freut man sich auf die Sprachkurse über Zoom[4], denn das sind die einzigen, in denen man noch Kontakt zu seinen Kommilitonen hat. Die Dozenten oder Dozentinnen der Vorlesungen nehmen ihre Sitzungen auf, also hört man ihre Erklärungen während die PowerPoint-Präsentation läuft. Zusätzlich gibt es noch jede Woche Extraaufgaben und Tests, damit man irgendwie kontrollieren kann, ob die Studenten auch „anwesend“ waren. Für mich als Nicht-Muttersprachlerin ist das Ganze natürlich etwas ungünstig, da die Audio-Aufnahmen nicht immer die beste Qualität haben und ich für alles natürlich doppelt so lange brauche, um es zu verstehen.

Und was macht man so in seiner „Freizeit“ in der Quarantäne? Tatsächlich habe ich gezwungenermaßen angefangen, mir das Kochen anzueignen (wovor ich mich schon immer gedrückt habe) und habe mir eine Mundharmonika zugelegt, damit ich wenigstens ansatzweise Musik machen kann (es ist schwerer, als man denkt). Außerdem gibt es ja auch noch Skype, damit man nicht komplett vereinsamt und vielleicht gönne ich mir auch noch ein Puzzle und Blumen für meinen Balkon. Denn obwohl diese Lage gerade nicht die beste ist, bleibe ich hier in Szeged, wie geplant. Ich hoffe nur, dass dieser Zustand endet, bevor mein Erasmus-Semester endet, denn ich würde wirklich gerne etwas mehr von Ungarn sehen als meine Wohnung von innen.


[1] dt. ‚Ruinenkneipe‘, eine Bar in einem alten, ruinenhaften Gebäude
[2] Erasmus Student Network. Sie organisieren verschiedene Aktivitäten für die Erasmus-Studierenden.
[3] Was ich bis heute nicht verstehe. Hier in Ungarn hat das niemand gemacht.
[4] Zoom ist wie Skype.

Text und Bilder: Karin Fichtner

Auslandssemester in Finnland

Im Herbstsemester 2017 war ich für vier Monate in der südwestfinnischen Stadt Turku und habe dort an der finnischsprachigen Universität studiert. Dort hatte ich die Möglichkeit, Kurse für die Finnougristik und auch mein Zweitfach Skandinavistik zu belegen, auch wenn ich schlussendlich fast ausschließlich in Finnischkursen war.

In Turku habe ich im Retrodorm gewohnt, ein Wohnheim, in dem ausschließlich Austauschstudierende untergebracht sind. Deswegen hat es ein besonderes internationales Flair. Es gab eigentlich immer jemanden, mit dem man sich unterhalten konnte, aber wenn man sich zurückziehen wollte, war das auch kein Problem. Da ich mit so vielen internationalen Studierenden zusammengewohnt habe, konnte ich dort kaum Finnisch sprechen, aber dafür hatte ich ja die Kurse in der Uni.

Dort waren auch zum größten Teil Studierende aus anderen Ländern als Finnland, aber ich habe trotzdem einiges von meinen Dozentinnen und auch von meinen Kommiliton_innen gelernt. Wenn ich nicht gerade in einem Kurs oder im Retrodorm war, habe ich viel Zeit in der Bibliothek verbracht. Die Turun yliopisto hat mehrere Bibliotheken, aber ich war meistens im Feeniks, da dort die Sprachen untergebracht sind. Die Bibliothek ist zwar etwas ungewohnt sortiert, aber dafür sehr gemütlich.

In der Freizeit waren wir häufig in einer Sauna direkt an der Ostsee oder in Cafes oder Bars, aber wir haben auch gerne Ausflüge in Städte in der Nähe oder den Nationalpark gemacht.

Während des Semesters hatten wir auch die Möglichkeit, größere Touren zu unternehmen, sodass ich mit ein paar Freund_innen nach Estland, Lappland und sogar Sankt Petersburg reisen konnte. Durch diese recht spontanen Reisen habe ich noch einmal ganz andere Erfahrungen sammeln können und Ecken gesehen, an die ich vermutlich ohne das ERASMUS-Semester nie gekommen wäre. Ich hätte auch die Möglichkeit gehabt, noch mehr zu reisen, wenn nur mehr Zeit dagewesen wäre.

Im Großen und Ganzen habe ich während meines Auslandssemesters tolle Erfahrungen gemacht und nette Leute kennengelernt, zu denen ich auch jetzt nach meiner Rückkehr noch Kontakt habe. Natürlich läuft nicht immer alles so, wie es eigentlich geplant ist, aber dafür öffnen sich viele andere Türen. Daher würde ich jederzeit wieder ein oder zwei Semester ins Ausland gehen um dort zu studieren. Gerne auch wieder nach Turku!

Foto: Patrick Wachs

Sommeruniversität in Estland

Jedes Jahr gibt es an den estnischen Universitäten in Tallinn und Tartu die Möglichkeit, einen Estnischkurs zu absolvieren. Um einen Teil der Kosten abzudecken, kann man sich auf verschiedene Stipendien bewerben.

Als ich im Sprachkurs an der Universität Göttingen von dieser Möglichkeit hörte, habe ich mich beworben und einen Platz für den zweiwöchigen Sprachkurs in Tartu erhalten.

Das Rathaus in Tartu

Insgesamt waren wir 52 Kursteilnehmer aus 17 verschiedenen Ländern. Darunter waren nicht nur europäische Länder (z. B. Italien, Irland, Großbritannien, Schweden, Frankreich, Lettland), sondern auch weiter entfernte Länder (z. B. Kanada und Neuseeland) vertreten. Die Altersspanne reichte von 17 Jahren bis über 60 Jahre. Aufgeteilt wurden wir auf fünf unterschiedliche Kurse, an denen ca. 10 Personen teilnahmen – eine gute Gruppengröße zum Lernen. Während die höheren Kurse nur auf Estnisch stattfanden, war die Vermittlungssprache in den anderen Kursen Englisch.

In den kleineren Gruppen hatten wir montags bis freitags immer von halb zehn bis halb vier Unterricht. Anschließend wurde ein Kulturprogramm angeboten, bei dem wir noch mehr über die estnische Geschichte, das Leben in Estland und über die Filmgeschichte Estlands lernen konnten. Die Nachmittagsprogramme waren dann für alle fünf Gruppen zusammen, sodass man sich über die unterschiedlichen Kurse und Themen austauschen konnte (meistens auf Estnisch).

Nach dem Programm der Sommeruniversität ließ sich das Gelernte dann auch direkt in Läden, Cafés und ähnlichem ausprobieren und man konnte sofort feststellen, wieviel man doch in so kurzer Zeit lernen kann.

Die Sicht auf Tallinn von einer Aussichtsplattform

Am Wochenende wurde ein Ausflug in die Hauptstadt Tallinn angeboten, bei dem wir neben der Altstadt von Tallinn auch ein Freilichtmuseum besucht haben, bei dem uns erklärt und gezeigt wurde, wie sich das bäuerliche Leben innerhalb von 200 Jahren verändert hat.

 

Insgesamt waren es zwei sehr lehrreiche Wochen, die sehr gut organisiert wurden.

Für alle, die die estnische Sprache erlernen möchte und nicht unbedingt die Möglichkeit haben, einen längeren Kurs zu machen, bietet es sich an, einen Kurs an der Sommeruniversität in Tartu oder Tallinn zu machen.

10. Deutsche Mölkkymeisterschaft

Mölkky ist ein finnisches Wurfspiel, das draußen gespielt wird. Dabei geht es darum, 12 durchnummerierte Hölzer taktisch umzuwerfen. Punkte gibt es je nach Anzahl der umgeworfenen Hölzer oder, wenn man nur eines umwirft, je nach der Nummer, die auf dem Holz steht. Gewonnen hat das Team, das als erstes auf genau 50 Punkte gekommen ist. Die Schwierigkeit besteht darin, dass die Hölzer dort aufgestellt werden, wo sie umgefallen sind, wodurch sie sich immer weiter verteilen.

Wenn man das liest, klingt dieses Spiel erst kompliziert, aber beim Spielen stellt man fest, dass die Regeln ganz einfach sind. Es eignet sich also gut, um zwischen Veranstaltungen in der Universität ein wenig auf andere Gedanken zu kommen und die Zeit gut mit anderen Menschen zu verbringen.

Wie bei vielen Teamspielen gibt es auch beim Mölkky eine Weltmeisterschaft. Bei der Weltmeisterschaft 2006 entstand die Idee, eine deutsche Meisterschaft im Mölkky zu veranstalten. Seit 2008 finden die Mölkkymeisterschaften jedes Jahr an einem Wochenende im Juni statt und werden immer populärer.

In diesem Jahr sind 64 Mannschaften mit Teilnehmern aus Deutschland, Österreich, Tschechien, Frankreich, den USA, Brasilien und Finnland für ein Wochenende nach Erlangen gefahren, um bei den 10. Deutschen Meisterschaften dabei zu sein.

Wir von der Finnougristik Göttingen sind dieses Jahr mit zwei Mannschaften, Gölkky 1 und Gölkky 2, angetreten. Bei der Meisterschaft spielen sowohl Teams, die seit Jahren trainieren, als auch Teams, die – so wie wir – vor allem zum Vergnügen spielen.

In der Vorrunde am Samstag hat sich Gölkky 2 recht gut geschlagen, jedoch das 1/32-Finale verloren. Das Team konnte Platz 46 erreichen. Gölkky 1 hat sich im 1/32-Finale in die obere Hälfte gekämpft und erreichte am Sonntag Platz 24. Gewonnen hat Team Tuppi aus Finnland, das seit fast 40 Jahren regelmäßig gemeinsam trainiert.

Wir werden auf jeden Fall im nächsten Jahr wieder mit mindestens zwei Teams bei den Deutschen Mölkkymeisterschaften teilnehmen und freuen uns schon auf ein holzreiches Wochenende.

Der Ungarisch-Crashkurs 2016

Wie bereits im letzen Sommer, wird auch dieses Jahr ein Ungarisch-Crashkurs an der Georg-August-Universität Göttingen angeboten. Als Teilnehmerin des letzten Kurses kann und will ich diesen nur weiterempfehlen!

Um an dem Kurs teilnehmen zu können, schickte ich meine Bewerbung an Dr. Judit Molnár, die Lektorin für Ungarisch am Finnisch-Ugrischen Seminar, die auch den Sommerkurs leitete. Der Kurs bestand aus zwei Teilen: dem dreiwöchigen Sprachkurs in Göttingen und einer einwöchigen Fahrt in die ungarische Stadt Debrecen, wo wir unsere neu erlernten Sprachkenntnisse gleich anwenden konnten.

Ungarisch ist eine ganz andere Sprache als die, die man bisher so aus der Schule kennt, da es keine indoeuropäische, sondern eine finnougrische Sprache ist. Sie ist also unter anderem entfernt mit dem Finnischen verwandt. Wer kann schon von sich behaupten, eine Sprache zu können, die mehr Fälle besitzt, als man mit seinen Fingern zeigen kann, und wann bekommt man schon einmal die Gelegenheit, so eine Sprache zu lernen? Auch wenn das mit den vielen Fällen vielleicht etwas kompliziert klingt, hat es sehr viel Spaß gemacht, sich gemeinsam mit den anderen langsam in der Sprache vorzutasten, und war gar nicht so schwierig wie gedacht. Dass der Kurs in Göttingen aus jeweils sechs Stunden pro Tag bestand, mag vielleicht auch anstrengend klingen. Da man aber in so kurzer Zeit wenig vergessen konnte und der Unterricht anders aufgebaut war als Sprachkurse, die während des Semesters laufen, war auch das kein Problem. Der Sommerkurs war also eine großartige Möglichkeit, etwas über ein Land, über das man vermutlich sonst selten nachdenkt, und dessen Sprache zu lernen und dieses Land auch einmal selbst kennenzulernen, da der Kurs und die Fahrt nach Ungarn kostenlos waren.

 

Auf den Spuren von Kurt Fischer durch Debrecen

Wir waren ein sehr gemischter Kurs, der zwar zu einem Teil aus Studierenden der Finnougristik bestand, aber auch zur anderen Hälfte aus Studierenden der Slavistik, Allgemeinen Sprachwissenschaft oder sogar Medizin. Unter anderem haben wir uns auch außerhalb des Kurses getroffen, um gemeinsam ein paar ungarische Gerichte zu kochen und zu genießen.

Im Kurs haben wir mit dem Buch Hungarolingua gearbeitet, das den Österreicher Kurt Fischer auf seiner Reise durch Debrecen begleitet. Als wir dann selbst in Debrecen waren, haben wir einige Orte, die auch im Buch bereits vorgestellt worden waren, wiedererkannt. Unter anderem haben wir die Universität besucht und wurden von einem Dozenten der Sommeruniversität, die jedes Jahr Ungarischkurse in Debrecen anbietet, willkommen geheißen. Außerdem haben wir die Reformierte Großkirche, Debreceni Református Nagytemplom, und die Innenstadt bei größtenteils gutem Wetter erkundet. Debrecen ist eine schöne Stadt, die aber vermutlich leider selten als Reiseziel gewählt wird, obwohl sie wirklich eine Reise wert ist.

 

Wer jetzt auch Lust bekommen hat, die ungarische Sprache kennenzulernen und im Sommer eine Woche in Ungarn zu verbringen, hat auch in diesem Jahr wieder Gelegenheit dazu. Nähere Informationen und das Anmeldeformular gibt es auf der Homepage des Finnisch-Ugrischen Seminars.

Bildquelle: pixabay.com

Über den Blog

Dieser frisch ins Leben gerufene Blog der Finnougristik Göttingen soll als Plattform für Studierende und Studieninteressierte der finnisch-ugrischen Philologie dienen. Hier wird es nicht nur Informationen zum Fach und zu den einzelnen Sprachen und Völkern geben, sondern auch Eindrücke der Studierenden, Berichte von Veranstaltungen und den Dingen, die die Studierendenschaft in Göttingen bewegen.